© Ulrich Roth

Für Sie im Einsatz

Das Leben eines

Robinson R44

© Philipp Nübel

Bei vielen Dingen stellen wir uns die Frage: wie lange hält das wohl, bis es kaputtgeht? Auch bei Hubschrauber taucht gelegentlich mal die Frage nach dem Alter auf. Hört man dann, dass die Maschine schon älter ist, denkt man meist intuitiv an alte und marode Technik. Aber ist das Alter auch bei Hubschraubern aussagekräftig über den Zustand?

Dieser Bericht dreht sich um die Instandhaltung von Hubschraubern am Beispiel eines Robinson R44. Das „Leben“ eines R44 beginnt in den Fabrikhallen von Robinson Helicopter in Torrance, USA. Wie jedes Luftfahrzeug wird der Hubschrauber nach dem Zusammenbau von Testpiloten eingeflogen und überprüft.

In den ersten 50 Flugstunden sind die Intervalle der Kontrollen enger gestrickt als im späteren Verlauf. Somit wird sichergestellt, dass eventuelle Fehler in den neuen Teilen frühzeitig erkannt und ausgemerzt werden können, ohne größeren Schaden anrichten zu können. Nach je 25 Flugstunden steht ein Ölwechsel mit einer Motorinspektion auf dem Wartungsplan.

50 Flugstunden später steht dann auch schon die erste 100-Stunden-Kontrolle (kurz gesprochen: eine 100er) an. Später werden wir noch erfahren, wie sich diese auch auf die jährliche Lufttüchtigkeitsüberprüfung, dem „TÜV“ für Luftfahrzeuge, auswirkt. Bei dieser ersten 100er wird zusätzlich zum normalen Umfang aus dem Wartungshandbuch (Manual) auch noch die Freigängigkeit der Auslassventile an den Zylindern des Boxermotors gemessen (Ventilprüfung).

Durch die Ventilprüfung wird sichergestellt, dass Ablagerungen des Abgases nicht plötzlich das Ventil blockieren und somit zu Schäden am Zylinder oder sogar am Motor führen. Diese Prüfung wird im Normalfall alle 300 Flugstunden durchgeführt. Gibt es bei Maschinen jedoch regelmäßig Probleme durch diese Ventile, ist es dem Wartungsbetrieb vorbehalten, dieses Intervall auf 200 Flugstunden zu reduzieren.

Diese Probleme entstehen unter anderem durch unsachgemäßes Warmlaufen oder Abkühlen des Motors. Anders als bei einem Auto (wassergekühlter Motor) ist dies für die Motoren in Hubschraubern unabdingbar. Durch die Luftkühlung der Hubschrauber-Triebwerke bei Robinson operiert der Motor in wesentlich höheren Temperaturbereichen. Kühlt man den Motor nach dem „anstrengenden“ Dauerbetrieb nicht auf eine angemessene Temperatur, kann es zu Überhitzungen kommen, welche die oben beschriebenen Probleme hervorrufen.

Durch die Philosophie bei HTC Helicopter mussten bei ihrem Hubschrauber D-HHGR noch nie die Ventilschäfte aufgerieben werden, da Piloten und Charterkunden grundsätzlich das Triebwerk ausreichend abkühlen müssen und dies auch überprüft wird.

Alle weiteren 50 Stunden steht im Wechsel mit der 100er nun auch eine sog. 50er an. Hierbei handelt es sich um eine reine Kontrolle des Triebwerks, bei der die Techniker die Filter inspizieren, des Gesamtzustand prüfen und das Öl wechseln.

Unabhängig der geflogenen Stunden müssen Hubschrauber jedes Jahr beweisen, dass sie technisch gesehen einwandfrei sind. Die Luftfahrtbehörde schreibt vor, dass bei einem R44 mindestens einmal im Jahr eine 100-Stunden-Kontrolle durchgeführt werden muss, auch wenn der Hubschrauber diese Stunden nicht geflogen ist. Bei dieser Kontrolle werden neben dem Motor nämlich alle strukturellen Bauteile sowie die Komponenten des Antriebsstranges (vom Hauptrotor bis zum Heckrotor) geprüft. Somit kann sich der Mechaniker ein Bild davon machen, wie der Zustand des Helikopters ist und was eventuell repariert werden muss.

Kleiner Exkurs: Auch die Mechaniker müssen entsprechende Erfahrung vorweisen, um solche Prüfungen durchführen zu dürfen. Durch Aus- und Weiterbildungen können die Mechaniker verschiedene Lizenzen erwerben, die sie für verschiedene Arbeiten berechtigen.

Zurück zur Jahresinspektion. Nebenbei werden auch noch die Sicherheitsausrüstung (Feuerlöscher,…), die Span-Detektoren der Getriebe, die Avionik (Flugelektrik) sowie die Papiere überprüft. Ist dies alles in Ordnung, bekommt der Hubschrauber für ein weiteres Jahr sein ARC (Airworthiness Review Certificate), also seinen „TÜV-Stempel“.

Neben dem 100-Stunden-Intervall gibt es auch noch weitere, größere Intervalle, bei denen Wartungsarbeiten an Bauteilen fällig sind. Alle 500 Flugstunden müssen bspw. die Zündmagnete überholt und die Öle in den Getrieben gewechselt werden.
Die „Hauptinspektionen“ bis zur nächsten Grundüberholung bleiben jedoch die 50er & 100er. Wenn man diese Intervalle mal auf das eigene Auto übertragt, wäre man tatsächlich viel häufiger in der Werkstatt als bislang.

Aber wie lange geht dieses Spiel denn? Müssen da nicht mal Teile getauscht werden?
Doch, müssen sie. Das „Lebensende“ eines R44 wird von zwei Faktoren besiegelt. Entweder er ist 12 Jahre alt oder er ist 2200 Stunden geflogen. Dann erwartet ihn eine Grundüberholung.

Dem Hubschrauber blüht ein 3-4 monatiger Werftaufenthalt. Er wird komplett zerlegt, ein Großteil der Teile muss überholt werden und der Rest wird bis ins Detail inspiziert. Nach dieser Überholung wird der Hubschrauber „auf 0 gesetzt“ und sein Leben beginnt von vorne.

Diese Überholung kann entweder in einer dafür zertifizierten Werft oder beim Hersteller direkt durchgeführt werden. Ein Nachteil der Überholung in Übersee (Torrance, USA) ist jedoch die lange Durchlaufzeit von etwa 14 Monaten, was für Kunden, die auf den Hubschrauber angewiesen sind, schwierig ist.

Die Grundüberholung des R44 von HTC Helicopter steht jetzt in seiner „Heimatwerft“ in Mannheim an. In diesem Blog werden wir wöchentlich über den Fortschritt berichten und die Arbeiten detailliert erklären. Dranbleiben lohnt sich also!

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