© Ulrich Roth

Für Sie im Einsatz

Der Erstflug

Diese Woche war es endlich soweit. Die Arbeiten waren soweit fortgeschritten, dass die ersten Bodenläufe und Werkstattflüge auf dem Plan standen. Diese leiten den letzten Abschnitt der Grundüberholung ein.

Bevor es jedoch soweit ist, muss alles nochmal bis in das Detail überprüft werden. Da alles komplett zerlegt war, könnten sich auch viele Fehler eingeschlichen haben. Deshalb gilt für jeden Techniker, der an der Maschine eingeteilt ist, sämtliche Baugruppen nochmal genau anzuschauen um eventuelle Fehler festzustellen. Im Fall der D-HHGR waren hierbei vier Techniker unabhängig voneinander und zeitlich getrennt dafür verantwortlich. Somit kann die Chance auf eingeschlichene Fehler und das daraus entstehende Risiko beim Bodenlauf auf ein Minimum reduziert werden. Dennoch können immer Fehler auftreten, da Mängel in den überholten und neuen Komponenten durch Sichtkontrolle kaum entdeckt werden können.

Neben der Funktionsprüfung des kompletten Hubschraubers stehen außerdem das Auswuchten des Motor-Lüfterrades und des Heckrotors auf dem Plan. Hierfür werden spezielle Sensoren und Messgeräte angebaut, welche die Unwucht identifizieren und anzeigen. Nachdem all dies  installiert ist und alle Pre-Checks erfolgreich abgelegt sind, geht es endlich nach draußen. Wie bei fast allem ist die erste Inbetriebnahme immer etwas Besonderes, weshalb dies bei AMS in Mannheim Chefsache ist.

Nachdem der Motor angesprungen war kontrollierten sofort zwei Techniker je eine Seite des Helis auf austretende Betriebsstoffe oder sonstige Ungereimtheiten. Nachdem davon nichts zu entdecken war, konnte die Maschine langsam hochgefahren werden und auf voller Drehzahl wurden die beiden ersten Messwerte für das Auswuchten abgenommen. Nach dem abstellen konnte bei allen Beteiligten eine gewisse Erleichterung und ein strahlendes Gesicht wahrgenommen werden. Sicherlich gibt es jetzt noch viel einzustellen, aber es gab keinerlei Komplikationen.

Nach weiteren Verstellungen mit kleinen Trimgewichten konnten nach mehreren Bodenläufen das Lüfterrad und der Heckrotor ausgewuchtet werden. Weitere Einstellungen am Zündgemisch und der Leerlaufdrehzahl waren ebenso erfolgreich und nach wenigen Durchgängen lief die Maschine zur vollsten Zufriedenheit der Techniker von AMS Mannheim. Deshalb konnten nun die Messinstrumente abgebaut und die Zelle endgültig zugeschraubt werden.

Vor dem Erstflug wird nun am Hauptrotor das Messgerät zum auswuchten montiert. Für Werkstattflüge, bei denen das sog. Track and Balance des Hauptrotors durchgeführt wird, werden zwei Personen benötigt. Während der Pilot sich auf die Maschine konzentriert bedient der andere Techniker das Messgerät. Außerdem werden mit einem Blitzlicht Reflektorstreifen an den Enden der Blätter angeblitzt. Dadurch wird erkenntlich, ob die Blätter sich auf einer Ebene bewegen und somit möglichst vibrationsarm sind. Das Erkennen dieser Streifen und das Halten der Blitzlichtlampe ist der Grund, warum der Pilot diese Aufgabe nicht allein durchführen kann.

Der Erstflug klingt sehr spektakulär, ist jedoch zumindest von der Flugstrecke her recht überschaubar. Anders als bei einem Flugzeug muss man hierbei nicht einen vollen Flug durchführen. Generell hebt der Pilot einfach nur ab und schwebt in normaler Höhe für ein paar Minuten. Dabei werden die ersten Messwerte generiert und das sonstige Verhalten bei Drehungen und das Ansprechen der Steuerung beobachtet. Auch wenn die Messwerte oft einen „richtigen“ Flug erlauben würden, wird zuerst nochmal abgestellt und nochmals überprüft. Einige Bauteile werden erst im Flugzustand richtig belastet und Fehler werden erst beim Fliegen oder danach bemerkbar.

Ist hier alles in Ordnung und die Messwerte sind im Rahmen, wird tatsächlich zu einem ersten Flug gestartet. In den unterschiedlichen Geschwindigkeitsbereichen ist es gut möglich, dass sich das Spurverhalten der Blätter nochmals verändert, weshalb auch hier nochmals Messwerte festgehalten werden müssen. Da die Einstellungen nur in stehendem Zustand des Rotors änderbar sind, muss nach jedem Messen gelandet werden und nach jeder Verstellung das Ergebnis nochmal überprüft werden. Ist dies geschafft, wird abschließend noch die Drehzahl des Rotors bei einer Autorotation überprüft. Auch diese kann durch eine Längenänderung an den sogenannten Pitch Links verändert werden.

In der nächsten Woche erfolgt dann der restliche Einflug der Maschine und weitere Arbeiten in der Kabine werden zum Abschluss gebracht.

1 / 3
© Philipp Nübel

Zurück